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Bewertung von Pflicht, Kür und Pferd Voltigierrichtertagung auf Bundesebene 2017 Bericht von Felix Bender, der diesen Artikel freundlicherweise der Homepage des PSVR – Voltigieren zur Verfügung gestellt hat.

 

Spezielle Aspekte der Pflichtbewertung Der von Helma Schwarzmann moderierte Workshop widmete sich den einzelnen Pflichtübungen. Anhand von Videobeispielen bewerteten die Teilnehmer die Voltigierer. Die Referentin merkte an, dass im Reglement für die Pflicht (im Gegensatz zur Kür) nicht aufgeführt ist, was große, mittlere oder kleine Fehler sind – dies muss in Zukunft ergänzt werden.

Aufsprung Wichtig sind laut Schwarzmann, dass die drei Phasen Sprung, Schwung und Stütz geturnt werden. Deutlichen Abzug ziehen Fehler wie verdrehte Achsen oder das Aufsetzen des Fußes auf die Kruppe (mindestens 2 Punkte Abzug) nach sich.

Grundsitz Es handelt sich um eine Sitzübung, der Schwerpunkt liegt folglich auf dem Sitz, so die Referentin. Die Armhaltung steht im Vergleich nicht so stark im Fokus. Es wurde ein sehr gutes Beispiel gezeigt, in dem der Aktive locker mitschwang. Die Position des Richters am Wettkampfzirkel kann unterschiedliche Bewertungen nach sich ziehen, was sich nicht verhindern lässt.

Fahne Helma Schwarzmann empfahl, das Stützbein zu beachten und ob die Unterseite des Bauchs gerade ist – eine „durchhängende“ Fahne ist fehlerhaft. Es kommt folglich darauf an, ob der Aktive eine natürliche Bewegungsweite aus der Schulter zeigt. Wenn der Arm und das Bein nicht gleichzeitig ausgestreckt werden (in den Klassen, in denen das Reglement dies vorgibt), muss ein Abzug vergeben werden, denn diese Variante ist viel leichter, erläuterte die Referentin. Der Fuß des Stützbeines sollte locker aufliegen. Das Knie als Gelenk, das dem Pferd am nächsten ist, muss am meisten abfangen.

Mühle Folgende Aspekte rückte Schwarzmann bei der Bewertung in den Vordergrund: Sitzt der Aktive achsengerecht, zeigt er einen Rundrücken, schlägt das Bein auf der Kruppe auf? Der aufrechte Sitz in allen Positionen ist die Basis, die Beinführung steht an zweiter Stelle.

Schere Abgeprüft wird als Hauptaspekt die Scherbewegung, betonte Schwarzmann. Bei der Schere muss in der Luft ein Schritt ausgeführt werden, die Knie zeigen nach innen. Das Brustbein wird nach innen geführt, die Hüfte folgt. Es ist kein Kreuzen der Beine verlangt, erläuterte die Referentin. Das Gewicht muss auf dem inneren Arm lasten, das innere Bein muss aktiv sein.

Stehen Absorbiert der Voltigierer das Stehen oder drückt er den Galoppsprung nach oben heraus? Dieser Aspekt ist laut Schwarzmann entscheidend. Denn Harmonie mit dem Pferd ist wesentlich und im beschriebenen Fall nicht gegeben.

Flanke Bei der Flanke ist die Übung an sich das, was hauptsächlich bewertet wird. Die Landung ist nur ein kleinerer Aspekt, erläuterte die Referentin. Kürgestaltungsbewertung Der Workshop, den Barbara Weckermann leitete, widmete sich der Bewertung der Kürgestaltung.  Die drei im Aufgabenbuch Voltigierern vorgegebenen Aspekte – athletischer, artistischer und künstlerischer Aspekt – wurden hierbei anhand von Videobeispielen einzeln bewertet. Dieses Vorgehen ist auch auf Turnieren möglich, wenn Richter nicht mehr alles bewerten müssen, sondern sich auf einzelne Unternoten beschränken können, so wie dies in Deutschland u. a. im Rahmen der Deutschen Meisterschaften bereits gehandhabt wurde. Das Ziel war, die Noten für die Teilnehmer transparent zu machen, so Weckermann. Die Richter können begründen, wie sie zu der Note kommen – selbst wenn jeder Richter einzelne Punkte anders gewichtet, z. B. was ist eine originelle Übung, was ist Authentizität? Außerdem können die Richter ihre Steuerungsfunktion besser wahrnehmen. Beispiel: Wenn eine Kür am Gurt gebaut ist und somit zu Lasten des Pferdes geht, kann dies besser begründet werden. Anhand der oben genannten Aspekte und der dazu im Aufgabenbuch aufgeführten einzelnen Unterpunkte konnten die anwesenden Richter Punkte vergeben, die analog Reglement in eine Note umgerechnet wurden. Bewertet wurden hierbei Gruppen von L bis S.

Technische Aspekte der Kürbewertung: Ausführung Um dieses Thema, das seit langer Zeit noch einmal bei einer Bundesrichtertagung aufgegriffen wurde, drehte sich der Workshop, der von Leo Laschet moderiert wurde. Bei der Bewertung der Ausführung gibt es leichte, mittlere und schwere Fehler, die im Reglement festgelegt sind, plus definierte Fehler, die von der vorläufigen Schwierigkeits-Endnote abzuziehen sind. Jeder Richter hat für die Gruppen sein eigenes System erstellt, so der Referent. Aber es habe sich gezeigt, dass diese Systeme Lücken haben können. Dazu kommt, dass es schwierig ist, dem Trainer eine Rückmeldung zu geben. Eindeutig ist es beim Einzelvoltigieren, ebenso beim Doppelvoltigieren. Wobei es bei Letztgenanntem nur wenige große Wettbewerbe mit vielen Startern gibt. Das Ziel des Workshops war Transparenz: Wie kann der Richter am Ende des Wettbewerbs eine Rückmeldung geben, auch gegenüber Fachfremden, z. B. Pressevertretern. In Berlin sollte die Grundlage für eine einheitliche, verlässliche Ermittlung der Ausführungsnote gelegt werden. Ab 2018 wird die Ausführung im Einzel- und Doppelvoltigieren in Abhängigkeit von der Anzahl der Übungen berechnet. Für die Gruppen wird dieses System noch nicht eingeführt, aber in Berlin testeten die Workshop-Teilnehmer, welche Noten sie erhalten, wenn sie die Abzüge durch die Anzahl der Übungen teilten. Um die neuen Inhalte zu vermitteln, plant die DRV Webinare (eine Idee, die auch im Aktuellen Voltigierzirkel 4/2016 angesprochen wurde).

Pferdenote, Pferdebeurteilung Bernd Rockenfeller legte den Schwerpunkt in seinem Workshop auf die Bewertung des Vierbeiners. Ab 2018 können alle Richter auch auf ländlichen Turnieren eine detaillierte Pferdenote geben. Es wurde hierfür ein Bewertungsbogen Pferdenote erstellt, der zwei Jahre lang im Turnieralltag getestet wurde, erklärte der Referent. Die Skala der Ausbildung baut aufeinander auf. So ist auch der Protokollbogen aufgebaut. Wenn beispielsweise in der Anlehnung eine niedrige Note gegeben wird, kann in der Geraderichtung keine deutlich höhere Note gegeben werden, betonte der Referent. Denn die Vorhand stellt sich auf die Hinterhand ein – dies gelingt nicht bei mangelnder Anlehnung. Und wenn die Aspekte Takt, Losgelassenheit, Anlehnung, Schwung/Lastaufnahme und Geraderichten niedrig bewertet wurden, kann in der Regel die Hilfengebung nicht deutlich höher bewertet werden. Er zeigte zur bildlichen Erläuterung der Skala der Ausbildung ein Video von ReitTV, das online abgerufen werden kann: www.youtube.com/watch?v=8JLNGZnO8c4 und www.youtube.com/watch?v=kH723iZVotA . Rockenfeller wies die Teilnehmer darauf hin, dass Richter eine Tierschutz- und Lenkungsaufgabe haben. Der Tierschutzfaktor kommt auch bei der Beurteilung von Zungenfehlern zu tragen. Ein Zungenfehler ist immer ein Symptom von Unwohlsein, betonte der Referent. Er erläuterte, dass die Diskussion, wie hiermit auf Turnieren umzugehen ist, noch am Anfang steht. Konkrete Ergänzungen im Reglement oder Anweisungen für Richter sollten in Berlin nicht erarbeitet werden. Es ging um einen ersten grundlegenden Austausch zu dieser Thematik.

LPO und Aufgabenheft 2018 Kerstin Nimmesgern stellte die Änderungen der LPO und des Aufgabenheftes vor, die ab 2018 gelten werden. Wichtige Aspekte waren: In E, A und L dürfen Pflicht und Kür auf der linken oder rechten Hand gezeigt werden – auch im Einzelvoltigieren, wobei bei Letztgenanntem zwischen Pflicht und Kür die Hand nicht gewechselt werden darf. Hufschuhe sind ab 2018 erlaubt – auch in der Verfassungsprüfung. Die Merkblätter sollten hierzu angepasst werden. Ausrüstung auf dem Vorbereitungsplatz: Dies wird eindeutig geregelt. Ohne Ausbinder zu longieren ist nicht erlaubt, wenn ein Voltigierer auf dem Pferd ist. Die Ausrüstung muss dabei ordnungsgemäß analog der Vorgaben des Reglements eingesetzt werden. Die Richter sitzen ab 2018 generell getrennt. Die Bewertung der LP in den Klassen M, S und Junior kann durch eine Aufteilung der einzelnen Bewertungskategorien gemäß FN-Merkblatt „Richterrotation“ erfolgen – also dass die Bewertung der Gestaltung und Ausführung/Schwierigkeit aufgeteilt wird. Die Aufstiegsnoten werden angepasst, da auch A- und L-Gruppen wieder 10,0 Punkte in der Gestaltungsnote und Schwierigkeit erhalten können. Die Gestaltungskriterien wurden ebenfalls angepasst – jede Klasse hat eigene Kriterien. In der Klasse E darf ein Helfer mit einlaufen, der den Voltigierern aufs Pferd hilft – sowohl in der Pflicht, als auch in der Kür. Der Aufsprung muss im Galopp erfolgen. Das S-Programm richtet sich nach den Anforderungen des FEI-Programms CVI ***, das Junioren-Programm nach dem FEI-Programm CVI **. Die Ausführung im Einzel- und Doppelvoltigierern wird abhängig von der Zahl der gezeigten Übungen ermittelt. Dadurch gibt es hierbei keine Mindestanzahl an Übungen mehr. Der Kürkatalog wird von der FEI übernommen und wird nicht mehr Teil des Aufgabenheftes sein. Bei E- und A-Gruppen wird nicht mehr die Schwierigkeit ermittelt, sondern ein Technischer Wert.

Neue Organisation Die Bundesrichtertagung war zum ersten Mal in diesem Jahr eine Veranstaltung der Deutschen Richtervereinigung für Pferdeleistungsprüfungen e. V. (DRV) und nicht mehr der Deutschen Reiterlichen Vereinigung (FN). Die Teilnehmer wurden nicht nach Quote eingeladen (d. h. bestimme Anzahl Teilnehmer je nach Landesverband), sondern von jeder Landeskommission zwei benannte Richter:1 Richter, der in seinem LK-Bereich als Mentor/Ansprechpartner für Richteranwärter eingesetzt wird, und ein Richter, der in seinem LK-Bereich für Aus- und Fortbildungsmaßnahmen für Voltigierrichter oder als Multiplikator eingesetzt wird. Eingeladen waren zusätzlich Personen mit Funktionen wie Vertreter des DOKR-Ausschusses Voltigieren oder des Voltigierzirkel e. V.

Zusätzliche Informationen über die Voltigierrichtertagung auf Bundesebene findet Ihr im Aktuellen Voltigierzirkel 1/2017.